Ehrenamtliches Engagement - dieses Thema wird in letzter Zeit überall groß geschrieben, sei es im Bereich öffentlicher Fördergelder oder auch zuletzt im Rahmen von Wahlkampfstrategien. Doch was bewegt Menschen letztlich dazu, sich für die Gemeinschaft einzubringen und unentgeltlich eigene Freizeit für den Dienst an der Gesellschaft einzusetzen? Das fragen wir Romy Zavelberg, eine von zwei Feuerwehr-Frauen in Freilingen, die kürzlich einen Lehrgang der Feuerwehr bestanden hat. Anlass genug für WiF, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Sehr interessant !

Romy Zavelberg ist 32 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann Michael und Hund Sammy seit 2016 in Freilingen. Beruflich arbeitet sie als Grafikdesignerin. In ihrer Freizeit hat sie einen ganz besonderen Hang zu schnellen Autos, besser gesagt Mustangs, was man unschwer erkennen kann, wenn man an ihrem Haus vorbeifährt und was in Freilingen schon für eine ganz spektakuläre Hochzeit gesorgt hat (s. Bericht).

Nicht auf den ersten Blick erkennt man dagegen, dass Romy ein weiteres Hobby hat, was auch heutzutage immer noch nicht überall alltäglich ist: sie ist bei der Freiwilligen Feuerwehr Freilingen. Vor kurzem hat sie ihren ersten Lehrgang bestanden und darf sich jetzt offiziell Feuerwehrfrau nennen. Grund genug für WiF, ein Interview mit ihr zu führen.

 

WiF: Du und Melanie Franzen, Ihr seid die einzigen Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr Freilingen. Wie bist Du auf die Idee gekommen, in dieser Männerriege mitzumischen?

Romy: Also eigentlich wollten Micha und ich gar nicht zur Feuerwehr. Um ehrlich zu sein haben wir uns sogar mit Händen und Füßen dagegen gewehrt – aber bei Johannes Hilgers, unserem Löschgruppenführer, könnten selbst die Zeugen Jehovas noch was in Sachen Mitglieder-Anwerben lernen – er hat wirklich alle Register gezogen um uns zu überzeugen... es gab sogar Sandwiches in allen Varianten. Irgendwann hatten wir keine Ausreden mehr parat und Johannes noch zu viele Argumente...

WiF: Wie bist Du von den männlichen Kollegen aufgenommen worden? Gab es Vorbehalte oder hast Du keinerlei „Eingewöhnungsschwierigkeiten“ gehabt?

Romy: Viele Kameraden kannte ich ja schon vorher etwas – aber von allen wurde ich ganz normal und herzlich aufgenommen. Ich hab mich direkt zugehörig gefühlt. Ich bin ja auch generell eher der Kumpeltyp als das typische Mädchen ?. 

WiF: Wie ist Deine Ausbildung zur Feuerwehrfrau verlaufen?

Romy: Der Truppmann 1 Lehrgang war wohl eher ziemlich speziell. Der wäre eigentlich im April fertig gewesen. Anfangs lief alles normal, die ersten 3 Lehrgangswochenenden konnten wir noch unter Vorsichtsmaßnahmen durchziehen, doch das letzte Wochenende – das Prüfungswochenende – wurde dann auf unbestimmte Zeit verschoben. In der nachfolgenden Zeit fanden auch keine Übungen statt... und da mein Hirn ja bei Dingen, die ich nicht regelmäßig tue, gerne zum Sieb wird, war ich schon ganz schön nervös, als es dann den Nachholtermin für die Prüfung gab: der 12. September 2020. Glücklicherweise hatten wir ganz phantastische Ausbilder, die die Themen wieder sehr gut aufgefrischt hatten – und so hieß es dann doch am Ende des Tages „bestanden“

WiF: Wie hast Du die Fortbildung erlebt, wahrscheinlich ja auch hauptsächlich mit männlichen Kollegen?

Romy: Also um ehrlich zu sein wurde ich auch im Lehrgang nicht anders behandelt, nur weil ich eine Frau bin.

Ich glaube, als Feuerwehrmann/ -frau sieht man nicht in „Geschlechtern“ - es sind halt alle Kameraden die die gleiche Leidenschaft teilen, die gerne Helfen, Gutes tun und denen die Gemeinschaft wichtig ist.

WiF: War die Prüfung theoretisch oder praktisch schwieriger?

Romy: Ich persönlich fand die theoretische Prüfung schwieriger. Einfach weil zwischen Lernen und Abfragen eine so lange Zeitspanne war...

WiF: Wie viele Einsätze hattest Du schon mit der Feuerwehr und was ist Dir davon besonders in Erinnerung geblieben?

Romy: Puh... also wieviele Einsätze ich schon mitgefahren bin, kann ich gar nicht so genau beziffern. Wir haben ja glücklicherweise nicht soooo sonderlich viele Einsätze im ländlichen Raum. Da ich aber auch schon vor Corona Homeoffice gemacht habe, bin ich bei den meisten dabei, auch tagsüber.

Besonders in Erinnerung blieb natürlich unsere Gänserettung. Das war echt witzig und hat Spaß gemacht. Besonders, weil es so positiv ausgegangen ist (s. Bericht).

Natürlich gibt es auch die Schattenseiten, wie z.B. ein Hausbrand in Blankenheimer-Dorf, bei dem leider Tiere, zwei Katzen, um‘s Leben kamen.

Das war für mich auch der Moment in dem ich für mich entschied den Atemschutzgeräteträger-Lehrgang zu machen. Ich möchte aktiv helfen können, aktiv retten können. Tiere verhalten sich in so einem Fall besonders, hier möchte ich ansetzen und was tun können. Ob Mensch oder Tier - jedes Leben zählt. Mein AGT Lehrgang beginnt jetzt im Oktober. Die G26.3 Untersuchung ( Anm. der Red.: körperlicher Eignungstest/Gesundheitsuntersuchung für Atemschutzgeräteträger) hab ich erfreulicherweise schon bestanden.

WiF: Was würdest Du anderen jungen Frauen raten, um ihnen ein Engagement in der Feuerwehr schmackhaft zu machen?

Romy: Ich würde sagen, wer schon mal  mit dem Gedanken gespielt hat zur Feuerwehr zu gehen - der soll es einfach tun. Als Frau muss man überhaupt keine Scheu haben, anders behandelt zu werden, oder Fehl am Platz zu sein. Ich kann mittlerweile bestätigen, dass diese Sorge unnötig ist. Wir haben ja erfreulicherweise einige Mädchen in der Jugendfeuerwehr - und in ein paar Jahren, wer weiß - vielleicht behalten sie den Spaß daran? Dann sind es später auch viel mehr Frauen in unserer Löschgruppe! Mich würde das sehr freuen!

WiF: Gebürtig kommst Du aus Hagen. Aber Du lebst mit Deinem Mann Michael, der in Weilerswist aufgewachsen ist, jetzt seit 2016 in Freilingen. Wieso habt Ihr Euch gerade für Freilingen entschieden?

Romy: Um ehrlich zu sein, sind wir eher durch einen sehr glücklichen Zufall in Freilingen gelandet.

Wir kannten Freilingen natürlich schon, besonders weil meine Schwiegereltern ein Haus im Feriendorf haben, aber mit dem Gedanken gespielt, hierhin zu ziehen hatten wir nie wirklich, weil uns die Entfernung zu den Arbeitsplätzen (damals hab ich noch in Hürth gearbeitet, und Michael in Euskirchen) zu groß erschien. Wir waren damals auf der Suche nach einem Haus und waren mit mehreren Maklern in Kontakt. Wir haben echt viele Häuser angeschaut, aber der Faktor Halle - Garage - Werkstatt war jedes mal ein k.O. Kriterium ... zwei Mustangs sind nunmal keine kleinen Autos.

Beim gefühlt 50sten Haus mit einer Garage, die von der Größe her perfekt für zwei Smarts wäre (es ist wirklich interessant, was in den Hausanzeigen so als „große Doppel-Garage“ oder „Scheune“ deklariert wird), erwähnte die Maklerin, sie habe vermutlich das perfekte Haus für uns - es sei noch nicht inseriert, gerade erst reingekommen. In Freilingen.

„Ohje“, dachten wir, „warum denn bloß so weit?“ Micha wollte es nichtmal anschauen fahren. Ich aber setzte mich durch (wie so oft) und wir fuhren nach Freilingen. Damals war die Ortsdurchfahrt noch eine einzige Baustelle und wir kamen mit dem Auto nichtmal bis zum Haus. Zu Fuß wanderten wir dann also durch‘s Dorf, bogen um die Ecke und da hat es eigentlich schon „klick“ gemacht. Wir waren verliebt. Das war „unser“ Haus. Im Prinzip hatten wir gedanklich schon den Kaufvertrag unterschrieben, noch bevor wir es überhaupt richtig anschauen konnten... ?.

WiF: Ihr habt ein altes Haus an der Hauptortsdurchfahrt erworben und renoviert. Wie hast Du die Renovierungsphase erlebt? Gab es irgendwelche besonderen Schwierigkeiten?

Romy: Wir hatten ja das Glück, das der Makler das Haus im Vorfeld schon etwas renoviert hatte. Die Wände waren neu gestrichen, die Balken auch, wir bekamen eine neue Heizung und das Bad wurde nach unseren Wünschen saniert. Alles in allem, war das Haus eigentlich in einem recht ordentlichen Zustand.

Mit der Zeit haben wir dann noch die Böden neu gemacht, den Garten in unsere Wohlfühloase umgebaut und einige Kleinigkeiten.

Da fallen natürlich immer mal seltsame Dinge auf. Telefonkabel die sehr abenteuerlich verlegt wurden oder Lichtschalter deren Funktion wir bis heute nicht herausgefunden haben... Aber alles in allem sieht man schon, das kontinuierlich was am Haus gemacht wurde. Wir haben noch einiges vor und ich glaube, da warten noch ein paar Überraschungen auf uns. Aber so ist das eben mit alten Häusern. Sie erzählen eine Geschichte und eben das macht sie so Liebenswert. Wir sind sehr glücklich mit unserem Häuschen, besonders das Verhältnis zwischen altem Charme und modernen Elementen gefällt uns sehr.

WiF: Habt Ihr schnell Kontakt im Dorf gefunden und Euch als Neubürger eingelebt?

Romy: Wir haben tatsächlich sehr schnell Anschluss gefunden. Schon beim ersten Anschauen des Hauses kam uns der Wolfgang entgegen und sprach uns an, ob wir denn das Haus kaufen würden. Man muss dazu sagen - man muss sich schon integrieren wenn man in so ein Dörfchen zieht. Es gibt ja Viele die in‘s Ländliche ziehen und für sich bleiben, an keinem Dorffest teilnehmen und die man auch sonst nie irgendwo sieht. Von denen hört man dann „in so eine Dorfgemeinschaft kommt man als Zugezogener 'eh nicht rein“ - das ist Quatsch.

Es hängt immer auch ein Stückweit von einem selbst ab. Und da wir recht extrovertiert sind, fiel es uns überhaupt nicht schwer, mit den netten Freilingern in Kontakt zu treten. Zu denen wir uns nun auch zählen dürfen.

WiF: Was hast Du als positiv im Ort empfunden, was fehlt Deiner Meinung nach in Punkto Begrüßungskultur?

Romy: Ich persönlich habe ja schon an vielen Orten gewohnt, Hagen, Grevenbroich; Weilerswist, Euskirchen - aber Freilingen ist etwas ganz Besonderes. Die Mentalität, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen hier ist einmalig. Aus Nachbarschaften sind mittlerweile richtige Freundschaften geworden und bei meinem Weg durch‘s Dorf komme ich manchmal aus dem Winken und Grüßen nicht mehr heraus, weil ich gefühlt schon jeden Zweiten kenne.

Also liebe Freilinger - danke, dass ihr uns so herzlich aufgenommen habt und bleibt genau so wie ihr seid! Was hier fehlt kann ich um ehrlich zu sein gar nicht genau sagen, da es bei uns ja so gut lief.

WiF: Du engagierst Dich nicht nur in der Feuerwehr, sondern hast auch im Frühjahr beim Corona-Einkaufsdienst direkt als Helferin zur Verfügung gestanden. Warum hast Du Dich spontan zur Mithilfe gemeldet und wie hast Du diesen Service erlebt?

Romy: Für mich ist es selbstverständlich zu helfen, wenn ich helfen kann. Das macht mir einfach Spaß und ich finde es toll, andere glücklich zu sehen durch das was ich mach. Daher war es für mich eigentlich klar, mich für den Einkaufsservice zu melden.

Ich wäre ja auch froh, wenn ich in der Situation wäre, nicht raus zu können - und mir würde geholfen werden. Die Menschen waren wirklich erleichtert, dass es den Service gab. Ich wurde immer herzlich begrüßt und hin und wieder gab es sogar „Trinkgeld“ gegen das man sich nicht wehren konnte. Manche können da sehr hartnäckig sein ?.

Bei den ersten Einkäufen war ich teilweise echt überfordert - es standen Dinge auf meiner Einkaufsliste von denen ich zuvor nie gehört habe, geschweige denn, dass ich wusste wie sie aussahen. Wie peinlich ... zum Glück gibt es Google auf dem Smartphone, sodass ich nicht jedem Rewe-Mitarbeiter alle 5 Minuten auf die Nerven gehen musste. Ich glaube bei meinem ersten Einkauf war ich über zwei Stunden mit Suchen beschäftigt. Später wusste ich aber schon recht gut, was wo war - die meisten bestellen ja immer das Gleiche. Ich würde mich jederzeit wieder für solche Aktionen melden. Es war eine tolle Erfahrung.

WiF: Was glaubst Du, sollte sich ändern, damit auch die Leute sich ehrenamtlich engagieren, die bis jetzt kein Interesse an ehrenamtlicher Arbeit oder dem Mitwirken in einem Verein hatten? Sollte man so etwas wie eine besondere Vergütung in Form von Ehrenamtspunkten (die dann z.B. bei Veranstaltungen eingelöst werden können ) oder eine Art Ehrenamtskarte einführen, wie sie es seit Januar 2020 bei der Gemeinde Blankenheim gibt?

Romy: Ich glaube, man muss schon ein Typ für‘s Ehrenamt sein. Wenn man am Helfen keine Freude findet, bringen auch die tollsten Vergütungen nichts. Allerdings halte ich solche Maßnahmen wie Ehrenamtskarte oder -punkte für eine wunderbare Idee als Wertschätzung gegenüber denen, die den Job machen und ihn gern machen. Ich würde begrüßen, wenn man etwas in diese Richtung einführen würde.

WiF: Wenn Du Ortsvorsteherin von Freilingen wärst, welche drei Dinge würdest Du als erstes bzw. auf jeden Fall ändern oder angehen?

Romy: Das Hundeverbot am Freilinger See würde ich versuchen abzuschaffen bzw. auch einen Bereich für Hunde auf unserer Seite (der Steinseite) einführen. Auch, dass das Badeverbot für Hunde gekippt wird, würde ich angehen.

Mehr Mülleimer, insbesondere auch auf Feldwegen wo z.B. Bänke stehen. Aktuell laufe ich immer mit meinem Kumpel-Kotbeutel kilometerweit, bis mal ein Mülleimer kommt. Mittlerweile laufe ich schon extra Runden, lege das Beutelchen ins Gras und sammel es auf dem Rückweg ein. Ich warte nur auf den Moment wo mich jemand ausschimpft, dass ich meinen Kotbeutel einfach liegen lasse ?.

Die Idee mit dem Wochenmarkt von Judith Maur finde ich ebenfalls eine tolle Idee.

WiF: Du bist ein großer Fan des Freilinger Sees. Wie findest Du die Maßnahmen, die dort bisher umgesetzt worden sind?

Romy: Die Maßnahmen auf der Campingplatz-Seite finde ich super, hab aber Bedenken, dass der See überlaufen wird von Touristen, wenn man bedenkt, was dort in diesem Jahr coronabedingt los war, da die Menschen nicht in andere Länder verreisen konnten.

WiF: Wie gefällt Dir die Seebar?

Romy: Oh, die Seebar finde ich toll, sehr hübsch gemacht. Etwas mehr Auswahl wäre klasse – Anfang des Jahres gab es noch viel mehr Gerichte und die waren auch sehr lecker. Mittlerweile ist es wieder recht einseitig geworden. Aber alles in allem hat Cetin da wirklich etwas Tolles draus gemacht.

WiF: Eine Vorliebe von Dir steht bei Euch im Hof: Dein Mustang. Wie kam es zu diesem Hobby?

Romy: Mein Vater war KFZ Meister und hatte in Hagen eine KFZ Werkstatt. Ich bin also quasi mit Autos und allem was Motoren hat groß geworden. Anfangs waren es Motorroller, das fing so mit 13 an – damit kam auch die Verbindung zum Motorsport – ich fuhr 2Takt Drag Racing und war 2006 auch deutsche Meisterin in meiner Kubikklasse. Später dann verliebte ich mich in den Mustang... mein Traumwagen.

Und über den Mustang lernte ich Michael kennen, der auch Mustang-Fan ist. Zusammen fingen wir das Driften an.

Und der Rest der Geschichte ist ja bekannt ?.

Am Schluss wie immer unsere beliebten vier Fragen:

Lieblingsessen: Pierogi Ruskie (ein polnisches Gericht, das sind mit einer Kartoffel-Quark-Mischung gefüllte Teigtaschen)

Lieblingsfilm: Ich bin mehr der Serientyp: Supernatural und Shadow Hunters. Animes schau ich auch gern ?

Lieblingsmusik: Sum41 – generell alles was in Richtung Punk-Rock geht

Lieblingsbuch: Chroniken der Unterwelt

WiF: Ganz lieben Dank für das Interview!

Romy: Gerne!

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